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BrakeForceOne H2O – Wasser marsch!

BrakeForceOne H2O – Wasser marsch!

Es gab bislang nicht wenige BrakeForceOne Nutzer, die sich immer wieder auf’s Neue als Beta-Tester fühlten. Natürlich wurde das vor allem dadurch verstärkt, dass die Zahl der wenigen defekten Bremsen, auf die geringe Stückzahl gesehen, unverhältnismäßig groß wirkte. Anders als es bei einem Massenprodukt wie z.B. der Shimano XT der Fall ist. Mit jeder neuen Generation wurde es jedoch immer besser, für BrakeForceOne und vor allem für die Endkunden. Die nun vierte Evolutionsstufe bringt die wohl größte Umstellung hervor, die es im Bremsenmarkt überhaupt gibt: Der Verzicht auf Mineralöl und DOT als Bremsflüssigkeit. Stattdessen setzt BrakeForceOne jetzt auf eine Wasser/Glykol-Mixtur. Kann ein solches Gemisch tatsächlich so tadellos funktionieren, dass es unser jahrelanges schwarz/weiß Denken über Bord wirft oder kutschiert man doch einen sprudelnden Geysir über die Trails? Unser Test klärt auf!

Historie

1. Generarion: BrakeForceOne 1 – Modell 2013

2. Generation: BrakeForceOne 1 – Modell 2014

3. Generation: BrakeForceOne M – Modell 2015

Vom Überblick ins Detail

Dass sich mal aus einer mehr oder minder Schnapsidee, Wasser in eine BrakeForceOne M zu füllen, eine komplett neue Bremse entwickeln würde, hat sicher nicht mal Jakob, der Erfinder hinter BrakeForceOne, gedacht. Vor uns liegt die erste mir bekannte und auch offiziell vermarktete Fahrradbremse, welche auf ein Wasser/Glykol-Gemisch als Bremsflüssigkeit setzt. Klar ziehen beim Wort „Wasser“ die Ersten die Augenbrauen hoch und hauen in Stammtisch-Manier raus, dass das nie gehen kann. Glaubt man Jakob, haben jedoch eigene Untersuchungen gezeigt, dass im Kontaktbereich des Wassers nie kritische Temperaturen herrschen. Sowohl im Sommer, als auch im Winter, wie wir selbst bis ca. -10 °C Außentemperatur getestet haben. Denn aufgrund des Glykol-Zusatzes gefriert das Wasser nicht.

Um diese neue Erkenntnis reicher entstand ein vollständig neu entwickelter, einteiliger Bremssattel und ein deutlich verkleinerter Bremskraftverstärker. Leider verlor der Bremssattel dabei einen gewissen Teil seiner Ästhetik, aber wie sagt man so schön: „Form follows function“. Der Bremssattel ist nun kleiner und laut Aussage von BrakeForceOne auch deutlich steifer als früher. Zu mindestens Letzteres in schon mal ein guter Ansatz um mehr Bremsleistung zu übertragen. Die riesigen Stützbögen auf dem Bremssattel lassen erahnen wie steif die Konstruktion sein muss. Viele andere Bremsen wirken neben dem neuen Bremssattel noch immer wie Spielzeug, daran hat sich nichts geändert.

Weitere Neuerung ist das Leitungssystem. Die Tüllen der Generationen eins bis drei waren ja dem ein oder anderen nicht geheurer. Mit der H2O halten Plug-In Steckverbinder Einzug, wie sie einige vielleicht aus dem Hydraulikbereich kennen. Die Bremsleitung wird einfach nur eingesteckt, das war’s. Das Kürzen der Bremsleitung mit einem Cuttermesser oder sogar einer Schere ist eine Sache von Sekunden. Auch das Entlüften kann man sich bei gebotener Vorsicht sparen. Und wenn es doch mal nötig ist, ist es so entspannt wie nie, denn man arbeitet ja im Grunde nur mit Wasser. Gelangt dies auf die Beläge ist das alles andere als dramatisch. Zudem hat die H2O nun auch ein „One Way Bleeding“ System, welches es deutlich einfacher macht die Bremse wirklich luftfrei zu entlüften. Die Entlüftungsschraube am Bremssattel befindet sich nun mittig in einer Mulde, direkt hinter dem inneren Kolben.

Die neue Bremsleitung gibt es bisher nur in Schwarz. Farbenfrohe Gemüter müssen sich aber nicht nur dabei einschränken, auch die Anzahl der farbigen Anbauteile hat stark abgenommen. Lediglich die Bremshebel und die gelochte Kappe am Bremssattel sind noch in den Farben Schwarz, Blau, Grün und Rot erhältlich.

Die Überarbeitungen am Bremsgriff halten sich, von außen betrachtet, in Grenzen, denn er ist kaum von seinem Vorgänger zu unterscheiden. Neu sind auf jeden Fall die Gummipads auf der Innenseite der Lenkerklemmung. Vermutlich soll damit mehr Klemmfläche erzeugt werden und die Verdrehsicherheit verbessert werden oder sie sollen den Lenker vor Beschädigungen schützen. So richtig klar ist mir das bisher nicht geworden, da ich mit den älteren Bremsgriffen nie Probleme hatte. Neu ist auch der systembedingte Plug-In Anschluss für die Bremsleitung. Am Leitungsabgang sowie der Positionierung des Bleedingports hat sich leider nichts geändert. Somit benötigt der Hebel trotz seiner filigranen Bauweise weiterhin überdurchschnittlich viel Platz am Lenker, was je nach Fahrer in Sachen Cockpit-Ergonomie zu Problemen führen kann.

Der Rest ist altbekannt. Den filigranen Geber gibt es sowohl mit 1- als auch 2-Finger Hebel. Wobei hier in der aktuellen Version wohl der größte Unterschied zu finden ist, denn beim 1-Finger Hebel verzichtet BrakeForceOne jetzt auf die Bohrungen in der Griffmulde. Gerade Fahrer die gerne ohne Handschuhe unterwegs sind dürften dies sehr begrüßen, da der alte Hebel eher einer Hornhautraspel als einem angenehmen Bremshebel glich.

Ein kleines aber feines Detail findet sich noch an allen relevanten Schraubverbindungen: Die Angabe des jeweiligen Drehmomentes, welches man nun nicht mehr umständlich im Manual raussuchen oder beim Hersteller erfragen muss. In Verbindung mit einem Drehmomentschlüssel gehören damit defekte Gewinde oder gebrochene Bauteile der Vergangenheit an.

Auf dem Trail

Neuerungen hin oder her, die Bremse musste sich auf den Trails beweisen. An unserem Canyon Spectral Testbike verrichtete die gesamte zweite Hälfte der Saison 2015 eine SRAM Guide RS ihren Dienst. Ich war ständig mit Basteln beschäftigt, um die Leistung der Guide RS auf ein vernünftiges Maß anzuheben, bzw. das Fading in den Griff zu bekommen. Davon abgesehen, dass ich mit dieser Bremse auch das erste Mal wieder Schmerzen in den Händen hatte. Und dann kam die H2O. Das Einbremsen, eine Schwachstelle der ersten und zweiten Generation, ist dank der neuen Bremsscheiben-Bremsbelag-Kombination problemlos auch im Flachland möglich.

Das Feeling auf den ersten Metern ist typisch BrakeForceOne. Die Hebelkraft ist über den Hebelweg subjektiv sehr gleichbleibend. Der Druckpunkt bzw. der Punkt an dem die Beläge an der Bremsscheibe anliegen ist nun deutlich spürbarer als noch bei der BrakeForceOne M aus dem Jahr 2015. Kennt man die Vorgängerbremsen ist man die grundsätzliche Kraftentfaltung ja vielleicht gewöhnt, für alle die es nicht kennen wirkt es in den ersten Minuten oft ungewohnt. Denn anstatt einen harten Punkt zu spüren, um welchen herum man die Bremsleistung oft auf wenigen Millimetern über die Hebelkraft dosiert, muss man sich bei der BrakeForceOne H2O an die wegabhängige Dosierung gewöhnen. Der genutzte Hebelweg geht nicht nutzlos in Leerweg unter, sondern dient rein der Modulation. Hat man sich nach ein paar Abfahrten daran gewöhnt, begeistert die H2O mit einer Leistung bzw. einem Biss, den auch die BrakeForceOne M nicht aufbringen konnte. Gerade in meiner Gewichtsklasse (> 100 kg) war das einer der wenigen Kritikpunkte der Vorgänger-Bremsen. 

Dazu ist zu erwähnen das mit der Belagverstellung und der Hebelweitenregulierung viel Einfluss auf die Kraftentfaltung und damit auch auf die Dosierbarkeit der H2O genommen werden kann, da man aktiv den Hebelweg beeinflusst. So kann die Dosierbarkeit von soft bis brutal bissig variieren, je nach Vorliebe. Das kann, wie sich später zeigt, Vorteil wie auch Nachteil sein. 

Der fehlende letzte Biss der alten BrakeForceOne M hat mich aus Ergonomiegründen (Bremse + Shifter) dann auch immer dazu bewogen mit dem 2-Finger Hebeln zu fahren. Es gab einfach keine Leistungssteigerung mehr, egal welcher Hebel verbaut war. Ich muss dazu sagen, dass ich kleine Hände habe und den 2-Finger-Hebel nah am Lenker fahre, während der 1-Finger-Hebel schon in seiner Grundposition einen sehr guten Abstand zum Lenker für mich hat. Bei der 2-Finger Variante bleibt aber meist weniger Hebelweg übrig. Das war bisher nie ein Problem, denn die Leistung nahm bis dato nicht weiter zu.

Mit der H2O stellte ich aber schnell fest, das da noch etwas lauert und spielte etwas mit meinem ursprünglich verbauten 2-Finger Setup rum. Und siehe da, mit etwas mehr Hebelweg warf die H2O auf einmal brutal den Anker aus. Nur waren die Hebel für meinen Geschmack nun für den Dauerbetrieb zu weit entfernt vom Lenker. Also baute ich alles auf den 1-Finger-Hebel um und wurde mit der bissigsten und stärksten Bremse belohnt, die ich bisher gefahren bin. Jetzt passte sowohl die Ergonomie, als auch die Bremsleistung.

Für den Endkunden empfehlen wir darum ganz klar die Grenzbereiche in Bezug auf die Hebelweite auszuprobieren. Wenn der Hebel nah am Lenker liegt, geht deutlich Bremskraft verloren. Ist der Hebel jedoch weit weg vom Lenker, wirkt die Bremse sehr giftig. Je nach Gusto lässt sich dazwischen nahezu allen Vorlieben gerecht werden, wenn man Hebelweite und Leerweg nur schlau genug kombiniert. Und das alles bei dem Gewicht einer XC Bremse: Vorderradbremse 178 g (80 cm Leitungslänge), Hinterradbremse 188 g (145 cm Leitungslänge), 200 mm Bremsscheibe 191 g, 180 mm Bremsscheibe 149 g. Damit ist die H2O noch leichter geworden, als alle bisherigen BrakeForceOne Bremsen!

Gerade bei der H2O merkt man dann auch, wie nachteilig sich eine hebelwegabhängige Bremse bezüglich der Leistung in Verbindung mit dem Fahrergewicht verhalten kann. Es ist also immer eine Gratwanderung zwischen Hebelwahl, Hebelweite und Leerweg bei der man schauen muss , dass man ein für sich passendes Setup findet.

Unterm Strich bleibt für mich ein kleines Defizit in Bezug auf die Cockpitergonomie. Denn auch wenn der 1-Finger Hebel gut passt, ist für mich durch die Form und des damit einhergehenden Platzbedarfes des Bremsgriffes am Lenker die Shifterposition etwas zu weit Innen und somit schlechter erreichbar. Mit dem 2-Finger Hebel kann ich ich die Positionierung von Bremshebel und Shifter am Lenker umdrehen, was mir deutlich besser liegt. Aber das ist höchst subjektiv, denn hier hat wirklich jeder seine ganz persönliche Einstellung vorzunehmen!

Abschließend getestet haben wir die Bremse im Trailcenter Rabenberg. 300 bis 400 hm am Stück forderten die Bremse nicht zu wenig. Bei allen anderen bisherigen BrakeForceOne Bremsen haben schon lächerliche 30 bis 40 hm gereicht um ein Fading ähnliches Verhalten zu provozieren. Nicht bei der H2O. Die stand selbst warmgefahren ihren Mann und lies noch problemlos einen Stoppie zu. Auch das Abbremsen aus 60 km/h endete auf dem Vorderrad. Beim Thema Standfestigkeit gibt es also nichts zu meckern, ebenso ist das angesprochene Fading absolut kein Thema. Die H2O ist damit auch die erste Bremse von BrakeForceOne, bei der ich nicht direkt daran denke neue Bremsbeläge und Shimano ICE-TEC Scheiben zu verbauen.

Ein Blick über den Tellerrand zeigt, dass sich die BrakeForceOne H2O auch im Vergleich zur Konkurrenz ganz und gar nicht verstecken muss. So steckt sie die SRAM Guide RS in jeder Hinsicht locker in die Tasche. Einzig beim Thema Modulation sehen wir die Guide RS auf Augenhöhe. Für den wirklichen Härtetest haben wir uns zudem die Meinung der Fiasko Racing Crew eingeholt. Das Feedback nach mehreren Bikepark-Einsätzen war eindeutig: die H2O ist voll Downhill tauglich und muss sich im direkten Zweikampf nicht mal vor einer aktuellen Shimano Saint verstecken. Auch hier bestätigte sich, dass die Bedenken bezüglich dem niedrigeren Siedepunkt von Wasser (100 °C) im Vergleich zu DOT 5.1 (180 °C Nasssiedepunkt) oder Mineralöl unbegründet sind. Kein Überhitzen und kein Abfall der Bremsleistung.

Fazit

Die BrakeForceOne H2O kann vielleicht in optischen Belangen nicht mehr mit ihren Vorgängern mithalten, aber wenn es um alle anderen Eigenschaften geht, haben ihre Vorgänger das Nachsehen. Sie ist nicht nur leichter, sondern kann nun auch in Sachen Feedback und Dosierbarkeit nachlegen. Mit der vierten Generation ist sie deutlich standhafter geworden und verfügt nun selbst bei schweren Fahrern über die nötigen Ankerkräfte.

Dazu sollte erwähnt werden, dass die BrakeForceOne H2O auch endlich billiger geworden ist – und das nicht unerheblich. Ganze 200 € ist das Set nun günstiger. Die BrakeForceOne M kam noch auf knapp 800 € im Set ohne Scheiben und Adapter, die H2O schlägt „nur noch“ mit 600 € zu Buche. Das ist, wir wollen ja realistisch bleiben, immer noch eine Stange Geld, die weiß Gott nicht jeder ausgeben will, aber es bringt die Bremse einer breiteren Käuferschicht näher. Wer also schon immer mal mit einer BrakeForceOne geliebäugelt hat, der spart bei der H2O nicht nur Geld, sondern kann bedenkenlos zugreifen.

Comments

  1. tom

    Folgend Aussage finde ich sehr gewagt: „Und wenn es doch mal nötig ist, ist es so entspannt wie nie, denn man arbeitet ja im Grunde nur mit Wasser.“
    Hier wird das hochgiftige Glykol einfach ignoriert -> siehe Hinweise der Uniklinik Freiburg: https://www.uniklinik-freiburg.de/giftberatung/aktuelle-themen/frostschutzmittel.html

    Mit sinkenden Temperaturen kommen Frostschutzmittel für das Auto wieder zum Einsatz. Die im Haushalt gelagerten Produkte sind für Kinder oft leicht zugänglich. Gefahr besteht, wenn Kinder diese Produkte trinken. Eltern sollten Frostschutzmittel außerhalb der Reichweite von Kindern aufbewahren. Das gilt besonders für Kühlerfrostschutzmittel.

    Diese enthalten bis zu 100 % Ethylenglykol, eine süßlich-scharf schmeckende Flüssigkeit. Bereits ein Schluck kann zu Organschäden führen und wenig mehr lebensbedrohliche Vergiftungen erzeugen. Der süßliche Geschmack begünstigt die Aufnahme einer größeren Menge und verhindert, dass die Flüssigkeit sofort als gefährlich erkannt wird. Türschlossenteiser und Scheibenreiniger enthalten weniger Glykole als Kühlerfrostschutz. Trotzdem kann die Einnahme dieser Produkte eine gefährliche Glykolvergiftung zur Folge haben. Die Vergiftungen verlaufen in den ersten Stunden mitunter ohne auffällige Symptome.

    • Toni Seefried

      Und DOT 5.1?? Schon mal was in die Augen bekommen beim ausblasen/säubern mit Pressluft?
      Gefallen mir beide nicht! Weder Glykol noch DOT 5.1! Auch die begründungen bei beiden sind zu überdenken warum diese besser sind !! Da bleibe ich bei Mineralöl!! Auch nicht toll aber besser als die anderen beiden nach meiner Meinung!

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