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Norco Revolver 7.2 FS

Norco Revolver 7.2 FS

Vorgeschichte und Umbauten

Ein Racebike, das die Bezeichnung „Waffe“ bereits im Namen trägt klingt vielversprechend. Auch wir waren von Beginn an voller aufgeregtem Interesse, denn ein vergleichbares Rennpferd hatten wir noch nicht im Stall. Das Norco Revolver 7.2. FS hat uns gut 3 Monate begleitet und dabei Trails und Touren sowie Trainings- und Wettkampffahrten mit uns bestritten. Hier nun unsere Vorstellung des Rades mit unseren Eindrücken aus der Praxis.

Wir haben das Racefully mit freundlicher Unterstützung von Norco Germany/Austria und unserem Local Shop Fahrrad Eberhardt in Gotha zur Verfügung gestellt bekommen. Das Rad aus der Norco Testflotte hatte also schon ein paar Kilometer auf dem Buckel und war nicht mehr ganz jungfräulich bei der Übergabe. Das hat man auf den ersten Metern auch gleich an der Bremse gemerkt. Die XT Bremse quietsche bei jeder Verzögerung. Also haben wir gleich zu Beginn etwas nachgebessert und die Beläge getauscht. Später im Test wurde auch der wandernde Druckpunkt der XT Bremse deutlich, sodass wir hier auch Hand angelegt und beide Bremsen entlüftet haben. Ebenso wich der Norco Sattel einem SQ Lab 611 active. Ein weiterer Unterschied am Testrad war die verbaute Tektro Bremsscheibe an der Front. Der Rest entsprach der Serienausstattung die mit einer UVP von 3999,-€ im Handel erhältlich ist. Das Gesamtpaket brachte bei uns (ohne Pedale) rund 11,15Kg auf die Waage. Um das angenehme Gewicht nicht unnötig in die Höhe zu treiben sind wir das Bike mit Ritchey PRO Paradigm V5 Pedalen gefahren.

Testbedingungen

Ein Rennpferd gehört natürlich ins Starterfeld eines Wettkampfes. Wir haben mit dem Revolver 7.2 FS die Crossduathlon-Saison eingeleitet und kurz aber intensiv über die Radstrecke gejagt.  Zudem haben wir auch die Alltagstauglichkeit unter die Lupe genommen und sammelten auf ausgiebigen Touren fleißig Höhen- und Tiefenmeter. Außerdem haben wir dem Revolver kurze XC Runden und wechselnde Untergründe vorgesetzt.

Optik

Unser erster optischer Eindruck sagt: Schönes Teil! Alles an dem Rahmen ist ästhetisch rundgelutscht und geht flüssig in einander über. Was wir an dem Schmuckstück jedoch vermisst haben sind Vorsichtsmaßnahmen zum Schutz des Rahmens. So befindet sich an der Kettenstrebe lediglich eine dünne Folie zum Schutz vor Einschlägen. Und auch sonst kommt der Rahmen recht nackig daher: am steinschlaggefährdeten Unterrohr befindet sich keinerlei Schutz. Der Kettenstrebe haben wir für den Test vorsichtshalber einen robusteren Neopren-Schutz verpasst, das Unterrohr blieb unverändert.

Rahmen und Details

Das Revolver 7.2 FS besitzt als Basis einen Vollcarbonrahmen. Klangvolle Bezeichnung wie ART-SUSPENSION, GRAVITY-TUNE, ARMORLITE und SMOOTHCORE beschreiben die Norco-eigenen Technologien, die am Rahmen zur Anwendung kommen.

Mit ART-Suspension („Advanced ride technology“) beschreibt Norco die Abstimmung des Hinterbaus für den jeweiligen Einsatzzweck. So sollen die Drehpunkte jeweils so platziert sein, dass das Federungs- und Fahrverhalten dem jeweiligen Einsatzzweck entspricht. „GRAVITYTUNE“ beschreibt die im Verhältnis stattfindende Verlängerung von Vorder- und Hinterbau in Bezug auf unterschiedliche Rahmengrößen. Dadurch soll unabhängig von der Körpergröße eine optimale Geometrie gewährleistet werden. „SMOOTHCORE“ bezeichnet den Prozess der Rahmenfertigung aus dem Werkstoff Carbon. Durch diesen können Faltenbildungen im Werkstoff verhindert und eine exakte Bearbeitung des Werkstoffes ermöglicht werden. „ARMORLITE“ ist Norcos Bezeichnung für das verwendete Epoxidharz bei der Rahmenfertigung. Das spezielle Harz soll die Belastbarkeit des Rahmens erhöhen und diesen besser vor Einschlägen und Beschädigungen schützen.

Alternativ zu der von uns getesteten 27,5“ Variante 7.2 FS ist das Revolver auch mit 29“ Laufrädern erhältlich. Der Lenkwinkel ist für Rahmengröße Large mit 70,75° und der effektive Sitzwinkel bei korrekt eingestelltem SAG mit 74,25° angegeben. Damit spricht die Geometrie eine deutliche Sprache: Wendigkeit und Agilität durch den steilen Lenkwinkel und 431 mm kurze Kettenstreben, sowie effiziente Kraftübertragung beim Pedallieren durch einen steilen Sitzwinkel. Die 100 mm Federweg an Front und Heck runden die Sprintambitionen des Revolvers ab.

Die Rahmengeometrie sorgt für eine insgesamt sportliche Sitzposition, klar wir sprechen ja auch über ein Racebike. Aber nicht nur auf kurzen XC Runden, sondern auch durchaus auf ausgiebigen Trainingsfahrten und Touren hat sich das Revolver bewährt. Wenn es der Fahrer darauf anlegt, wird durch den steilen Sitzwinkel ordentlich Vortrieb erzeugt. Das Rad wird dabei auch in schnellen Passagen bergab nicht nervös. Allerdings wäre es bei einem Lenkwinkel von 70,75° auch übertrieben von absoluter Laufruhe zu sprechen. Das geringe Gewicht unterstützt die Rennambitionen und sorgt dafür, dass sich das Bike spielend leicht fortbewegen lässt. Für schnelle Tourenfahrer die auch anspruchsvolle Abfahrten nicht scheuen ist der Rahmen zudem für eine Vario-Sattelstütze mit integrierter Leitungsführung vorbereitet. Abgesehen von der Vorderradbremse sind alle Züge durch den Hauptrahmen innenverlegt. Im Hinterbau des Revolvers geht es eng zu. Zwischen dem 2,25″ Schwalbe Racing Ralph Falt-Reifen und der Kettenstrebe bzw. zu unserem nachgerüsteten Kettenstrebenschutz findet sich nur noch ein hauchdünner Spalt. Breiter dürfen die Reifen nicht sein!

Fahrwerk

Am Revolver 7.2 FS werkelt ein 100 mm RockShox-Fahrwerk, bestehend aus einer SID RL solo air Federgabel (100 mm x 15 mm) und einem Monarch RL Dämpfer. Die Gabel überzeugt in grobem Geläuf mit einem guten Ansprechverhalten. Feine Unebenheiten und kleine Schläge reicht sie allerdings mit unseren Einstellungen nahezu ungedämpft an den Fahrer durch. Aber es soll ja auch keine komfortable Sänfte sein, sondern ein Rennbolide bleiben. Am Heck verhält es sich ähnlich. Wird das Bike aktiv bergab bewegt funktioniert auch der Monarch RL Dämpfer einwandfrei. Allerdings muss man das Bike wirklich aktiv in die Dämpfung bewegen da der Hinterbau sonst sämtliche Energie in Vortrieb umwandelt. In die andere Richtung, also bergauf sind deutlich Antriebseinflüsse spürbar. Bei jeder Kurbelumdrehung wippt das Heck, wenn auch nur leicht, merklich mit. Der Dämpfer muss also manuell per Hebel an der Aufnahme gelockt werden, um effektiv Höhenmeter überwinden zu können. Wer es gemütlich angehen lassen will, kann den Dämpfer ruhig offen lassen, aber für ambitionierte Rennfahrer geht ohne Lock Out wahrscheinlich zu viel Energie verloren. Unser Setup war am Ende wie folgt:

Fahrergewicht: 72 kg

Gabeleinstellung: 110 psi (ca. 20 % SAG)

Zugstufe: 15 Klicks (ausgehend vom Hasen in Richtung Schildkröte / schnell in Richtung langsam) von insgesamt maximal 20 Klicks

Die Druckstufe kann stufenlos an der Gabelkrone eingestellt werden, wofür jedoch eine Hand vom Lenker genommen werden muss. Sowohl Zug- als auch Druckstufe liessen sich leichtgängig einstellen und zeigten ein merkliches Feedback bei der Feinabstimmung.

Dämpfereinstellung: 140 psi (ca. 25 % SAG)

Zugstufe: 8 Klicks (ausgehend von schnell nach langsam) von insgesamt maximal 10 Klicks

Während sich Druck- und Zugstufe an der SID Gabel sehr leicht einstellen und abstimmen ließen, hakte die Zugstufe am Monarch Dämpfer etwas.

Antrieb und Bremsen

Die Komponenten der aktuellen Shimano XT M8000 Gruppe finden sich am Revolver 7.2 FS an Bremse und Antrieb wieder. Sehr positiv überrascht waren wir von der XT Bremse. Wie bereits in unserem ausführlichen Test beschrieben (Shimano XT BR-M8000) war die Bremse nach kleinen Nachbesserungen über jeden Zweifel erhaben. Definierter Druckpunkt, ordentlich Bremspower und dazu uneingeschränkte Standfestigkeit bei jeder Abfahrt. Die minimalen Abzüge die es unsererseits bei der Dosierbarkeit gibt schmälern den sehr positiven Eindruck der Bremse nur sehr geringfügig.

Ebenso positiv zeigte sich unser Erstkontakt mit der 11-fach XT Schaltgruppe von Shimano. Im direkten Vergleich mit der SRAM GX 1×11 Gruppe, die wir aktuell auch im Dauertest haben, hat Shimano mit ihrem 11-fach Antrieb unserer Meinung nach deutlich aufgeholt. Das Schaltverhalten ist knackig, allerdings noch nicht auf SRAM Niveau und in Punkto Hebelergonomie liegt der Shifter von Shimano im direkten Vergleich sogar vorn. Auch nette Gimmicks wie die Multi-Releasefunktion unterstreichen den positiven Eindruck der Schaltgruppe. Dass wir über den gesamten Testzeitraum nicht einen Kettenabwurf hatten spricht ebenfalls für die XT Gruppe. Lediglich ein Stock im Schaltwerk konnte die tadellose Performance vorübergehend stoppen. Der Gangwechsel war auf jeden Fall zu jeder Zeit (abgesehen vom Stockvorfall) präzise möglich. Eine minimal längere Verzögerung und etwas weniger Feedback am Schalthebel beim Gangwechsel im Vergleich zur SRAM Gruppe sind die einzigen minimalen Abstriche.

Die Übersetzung mit einem 32er Blatt vorn und 11-fach Kassette hinten lässt auch Biker mit schmalen Waden gut vorankommen. Für ambitionierte Racer hingegen ist sicher ein größeres Kettenblatt notwendig. Das 32er Kettenblatt an der RaceFace Kurbel in Verbindung mit der 1×11 Shimano XT Gruppe ist absolut tourenkompatibel und kletterfreundlich, allerdings ist in der maximalen Endgeschwindigkeit schnell Schicht im Schacht. Für mich selbst hat die Bandbreite der 11-40 Kassette in Verbindung mit dem 32er Kettenblatt auch im Renneinsatz ausgereicht. Wie gesagt bin auch ich an die Grenzen der Endgeschwindigkeit im flachen Gelände gekommen aber ich war auch nicht mit Siegambitionen unterwegs. Wer sich mit der 1×11 Übersetzung nicht anfreunden kann, hat die Möglichkeit auch am Revolver einen Umwerfer nachzurüsten. 

Räder und Reifen

Auch die Teile an der rotierenden Masse sprechen eine deutliche Sprache wofür das Rad gemacht wurde: Die Kombination aus dem DT Swiss X1900 Spline Laufradsatz und den Schwalbe Racing Ralph Faltreifen erzeugen ordentlich Beschleunigung. Der maximale Grip der Reifen ist jedoch deutlich begrenzt. Wenn es nass wird und vielleicht auch noch Wurzeln im Spiel sind wird es extrem schwer die Kontrolle zu behalten. Auf trockenen Trails und Waldautobahnen jedoch geht es uneingeschränkt und brutal nach vorn.

Anbauteile

Die Anbauteile, die nicht direkt zum Fahrwerk (RockShox), dem Antrieb oder der Bremse (Shimano XT) gehören, stammen überwiegend aus dem Hause Norco. Für mich positiv auffallend zeigte sich hier die Sattelstütze bzw. eher die Sattelklemmung. Im Normalfall wird man als Biker nicht so oft genötigt hier zuzugreifen. Wenn man allerdings gerade verschiedene Sättel testet oder für sich ausprobiert, erfreut die Norco Stütze durchaus mit dem cleveren Mechanismus, bei dem nur eine Schraube geöffnet werden muss, um den Sattel zu entfernen und wieder zu befestigen. Die zweite Schraube kann fest angezogen bleiben, sodass auch der Winkel des Sattels gleich korrekt bleiben kann. Einfache Idee aber mit sehr positiven Effekt. We like that! Eine neue Erfahrung für uns war der zweite Flaschenhalter unter dem Unterrohr. Die zu Beginn ungewohnte Optik wich mit der Zeit einer zweckmäßigen Funktionalität. Auch die zweite Flasche unter dem Unterrohr war während der Fahrt sehr gut erreichbar, sodass auch lange Fahrten mit genügend Versorgung angegangen werden können.

Fazit

Das Revolver 7.2. FS ist im wahrsten Sinn des Wortes eine Waffe! Der leichte Racer aus dem Hause Norco liefert ordentlich Vortrieb und die Komponenten an Antrieb und Fahrwerk arbeiten zuverlässig. Der einzig limitierende Faktor in Punkto Geschwindigkeit bei korrekt gewähltem Setup ist ein zu geringer Wadenumfang. Die Basis des Racebikes ist zudem trotzdem noch alltagstauglich und tourengeeignet, wenn man ein paar schnelle XC Runden drehen will. Das Fahrwerk ist insgesamt recht straff und die RockShox Federelemente wollen bergab aktiv vom Biker gefahren werden. Bergauf sind am Heck merklich Antriebseinbußen spürbar. Wer hier ambitioniert Rennen fahren möchte, muss den Dämpfer locken. Fürs Rennen wäre hier sogar ein Lenkerlockout vorstellbar und wünschenswert. Positiv überrascht haben uns die sehr gut funktionierenden XT Bremsen, die nach kleinen Nachbesserungen einwandfrei funktioniert haben. Das Revolver 7.2 FS gibt es für 3999€. Dafür bekommt man einen Vollcarbonrahmen, einen sehr guten XT 1×11 Antrieb und eine ebenso lobenswerte XT Bremse. Das Fahrwerk arbeitet solide und besitzt Reserven im Ansprechverhalten bzw. bei der Bedienung im Renneinsatz, da der Lock Out jeweils nur möglich ist, wenn der Fahrer eine Hand vom Lenker nimmt. Zum gleichen Kurs gibt es das Revolver FS auch als 29″ Variante, sodass der Kunde die Qual der Wahl hat je nach gewünschtem Einsatzzweck die passende Laufradgröße zu wählen. Wir wünschen uns noch mehr Schutz vor allem an Unterrohr und Kettenstrebe, damit das Schmuckstück auch lange hochwertig aussieht.

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