Image Image Image Image Image Image Image Image Image Image
Scroll to top

Top

No Comments

Glück auf und Kopf runter: Enduro unter Tage!

Glück auf und Kopf runter: Enduro unter Tage!

Anfang des Jahres wurde die Idee geboren einmal unter Tage biken zu gehen. Doch auf den ersten Blick fand ich nur Salzbergwerke die auf breiten Stollenautobahnen eher langweilige Touren anboten. Zumal ich meinem Bike die volle Ladung Salz auch nur ungern zumuten wollte. Durch Zufall stieß ich dann aber auf eine Bergwerktour die vielversprechend aussah. Es handelte sich dabei um das Erzbergwerk Kamsdorf. Dort, so schien es, bekommt man echten MTB Sport unter Tage geboten. Also haben sich Robert und Ich gleich angemeldet und fieberten dem Termin entgegen.

Allgemeine Info:

Die Bergwerktouren werden von ERTS (Erlebnisradtouren-Saaleland) in drei Schwierigkeitsstufen angeboten. Da sollte also für jeden etwas dabei sein. Wirklich gut finde ich, das trotz MTB Tour auch die Fakten zum Bergwerk selbst nicht zu kurz kommen. Immer wieder gibt es Pausen an Plätzen, wo uns unser Guide etwas zu erzählen hat.

Erlebnisradtouren-Saaleland_Bergwerk_Enduro_02

So hat Chris die Tour erlebt:

„Links, recht, Kopf runter, kleiner Gang !“ So schallte es gedämpft durch die engen Stollen des Bergwerks in Kamsdorf / Thüringen. Denn Enduro über Tage kann ja quasi jeder, aber das was die Jungs von Erlebnisradtouren Saaleland hier geschaffen haben ist ein ganzjährig fahrbares Enduro Eldorado unter Tage!

Erlebnisradtouren-Saaleland_Bergwerk_Enduro_01

Geführt von unserem Guide Lucas ging es erst mal die Treppen hinab auf die erste Sohle. Dort folgte eine kurze Warmfahrrunde, um sich schon mal an die konstant 10-15° C bei 100% Luftfeuchte zu gewöhnen und die Kommandos zu üben. In dem Wirrwarr an Gängen kommt man ohne seinen Guide nicht weit, daher ist eine funktionierende Informationskette unabdingbar.

Was im Anschluss folgte waren fast 3h zwischen Spaß, Adrenalin und Schmerzen. Es ging durch enge Verbindungsstollen wo ich mit meinem 777 mm Lenker gerade so durch passte. Gefolgt von schnellen Anliegerkurven, permanenten Geröllfeldern, Spitzkehren, Pumptrack-Elementen und genial kreierten Downhill Passagen. Alles aufzuzählen ist fast unmöglich. Keine Tour ist wie die andere, Lucas fährt immer wie es ihm grad gefällt und so verliert man selbst vollständig die Orientierung. Ist man plötzlich allein im Stollen heißt es stehen bleiben und um Hilfe schreien bis der rettende Rückruf kommt. Bei größeren Gruppen ist aber immer noch ein zweiter Guide dabei, der das Feld abschließt.

Für mich war es wahrlich das was ich ein Erlebnis nennen würde. Nicht nur bin ich an die Grenzen meiner Kraft gekommen, da die Strecke permanente Konzentration und Leistung abverlangt, auch technisch hatte der Track unter Tage viel zu bieten. Ans Limit bin ich dann auch mit meinem 1×10 Umbau am Antrieb gekommen. Gerade in den kurzen knackigen Anstiegen war meine minimale 1:1 (32:32) Übersetzung einfach zu groß. Hier wäre ein 42er Ritzel wie bei SRAMs 1×11 sehr hilfreich gewesen.

So hat Robert die Tour erlebt:

Als mich Chris auf die Tour im Vorfeld ansprach, war ich zugegeben sehr skeptisch und diverse Stereotype schossen mir durch den Kopf. Besucherbergwerke haben mich bisher eher gelangweilt und dort fahren wo sonst auch mittelalterliche Touristengruppen durchgeschleust werden können, schien mir nicht sonderlich reizvoll. Die Aussicht auf eine anspruchsvolle Endurotour hingegen versetzte mich durchaus in Verzückung und ich sagte schließlich zu. Ich hatte ja keine Ahnung was mich tatsächlich erwarten sollte.

Der Samstagmorgen begann absolut tiefenentspannt in meiner alten Heimat Ziegenrück. Wir übernachteten fürstlich bei meinen Eltern und machten uns dann auf den Weg. Nachdem wir mit unserem Guide die letzten Über-Tage-Kilometer zum Bergwerk zurückgelegt hatten, waren die ersten Meter unter Tage eher unspektakulär. Recht hochgezogene Gänge, viel Platz und tatsächlich viel Helligkeit. Ich befürchtete eine Rentnertour auf vollgefederten Ponys. Dieser Eindruck sollte allerdings ganz schnell verfliegen. Nachdem die ersten tatsächlich entspannten Runden lediglich der Gewöhnung an die veränderten Aussenbedingungen galten, hallte schon bald das Kommando „Kopf runter“ durch die Gänge. Und hier begannen meine ersten durch die Aktion ausgelösten Schweißausbrüche. Nicht dass einem bei knapp 100% Luftfeuchte sowieso die Suppe schon überall hinlief. Ab diesem Zeitpunkt hatte ich akute Bedenken meinen Kopf nebst Helm zeitnah in irgendeiner Holzstütze oder direkt im Fels über mir zu parken. Das Adrenalin schoss also entsprechend durch den Körper und dem nicht genug, ging dann auch die Endurostrecke tatsächlich los. Die Kombination aus der ungewohnten Umgebung, der veränderten Wahrnehmung und nicht zuletzt durch die präparierte Strecke erzeugten schnell ein Erlebnis, welches dem Namen des Anbieters alle Ehre macht.

Erlebnisradtouren-Saaleland_Bergwerk_Enduro_03

Zwischenzeitlich dachte ich mir, dass die Streckenbauer aller Wahrscheinlichkeit nach da unten ein Einsiedlerdasein zwischen ihren Touren fristen müssen, um die bereits fahrbaren Streckenabschnitte mit Anliegern, Sprunghügeln, Downhillpassagen, Spitzkehren und und und zu bauen und in Stand zu halten. Und in diesem Zuge verwies Guide Lucas immer wieder auch auf Baustellen und weitere Projekte, die noch kommen! Nach dem sich mein Kopf sowie meine permanent geforderte Oberschenkelmuskulatur an die neue Umgebung gewöhnt hatten, denn um die Rübe zu schützen habe ich mich häufig mit dem ganz Körper schön tief im Bike versteckt, machte es richtig Spaß die Strecke zu erforschen und zu fahren. Zur besseren Orientierung sind bereits weite Teile mit Streckenmarkierungen in bester Downhillstreckenmanier gekennzeichnet. Den Rest erledigen die Kommandos des Guides, die Stirnlampen und auch mal summende Freiläufe, denen man bei Verlust des Sichtkontaktes hinterher fahren kann. Auch dies wiederum steigerte den Abenteuerfaktor. Wenn du falsch abbiegst oder dich gar auf eigene Faust auf Erkundungstour machst, kannst du tatsächlich verloren gehen. Darum ist das Fahren in der Gruppe elementar und schweißt dadurch tatsächlich zusammen. Weniger unterbrochen als ergänzt wurde die Tour durch informative Elemente zur Geschichte, Entstehung und Nutzung des Bergwerkes. Ohne diese Vorgeschichte wären derartige Touren ja gar nicht möglich, weshalb auch die eingestreuten Infos sehr informativ und anschaulich waren. Zudem konnte die Zeit effektiv zum Verschnaufen genutzt werden. Unterm Strich bleibt für mich, dass es sich absolut gelohnt hat, das Experiment zu wagen. Obwohl es mit 1,85m Körpergröße und 29″ Bike zugegeben einen gefühlten erhöhten Schwierigkeitsgrad für mich gab, war alles fahrbar. Und kritische Stellen wurden im Vorfeld gemeinsam begutachtet, sodass jeder selbst entscheiden konnte, welche Passagen er tatsäch fährt oder was er auslässt. Den einen oder anderen Einschlag hatte ich trotzdem zu verzeichnen. Entweder der Lenker, der im schmalen Gang kurz an der Wand entlang schrammte, oder der Rucksack, der einmal trotz TIEFER Fahrposition noch zu weit nach oben ragte und ein bisschen Gestein von der Decke des befahrenen Ganges abtrug. Das Gefühl jedoch, einen Stollentunnel hinunter zu ballern ist allerdings unvergleichbar und über jeden Zweifel erhaben. Das Dörfchen Kamsdorf hat zum Glück auch eine Tanke mit SB Wash, um den Bergwergdreck nach der Tour auch wieder runter zu bekommen.

Für mich unterm Strich eine tolle Erfahrung!

Submit a Comment